Mit dem Kochbuch „Wir haben einfach gekocht“ hat das Autorenteam um Jörg Reuter eine gesellschaftliche Debatte angestoßen, welch wichtige Rolle Essen als emotionaler Genuss für Menschen in Seniorenheimen spielt. Zubereitete Gerichte bürgen gerade für ältere Menschen Erinnerungen und das Gefühl von Heimat. Die Rezepte dieser Generation stehen für intuitives Kochen mit regionalen und saisonalen Gegebenheiten und sind heute aktueller denn je, wenn wir uns mit einer nachhaltigen Lebensweise auseinandersetzen.
Drei Monate lang hat das Autorenteam eine Reise durch ganz Deutschland gemacht und zwölf Seniorenheime besucht, um mit den Bewohnern über ihre Erinnerungen zu sprechen, Lieblingsrezepte und Küchentricks aufzuschreiben und gemeinsam zu kochen. Herausgekommen ist das wunderbare Kochbuch: „Wir haben einfach gekocht“ mit 100 Lieblingsrezepten von Klassikern wie Rouladen und Maultaschen bis zu regionalen Spezialitäten wie „Bubespitzle“, „Fränkisches Schäufele mit Kartoffelklößen“ oder saisonalem „Rhabarber-Vanille-Kompott“. Alle Rezepte sind von der Einkaufsliste bis zur Beilagen-Komposition ausführlich dargestellt und fotografiert. Besonders schön sind die vielen Fotos, die beim gemeinsamen Kochen mit den Senioren entstanden sind: Lebensfreude, Genuss, der Austausch miteinander ist zu sehen und zeigt, wie sehr unsere ältere Generation aktiv am Leben teilhaben möchte.
Aber wie kam Jörg Reuter, der u.a. auch das Berliner Bio-Feinkost Geschäft “Vom Einfachen das Gute” führt, auf diese Idee? Seit langen beschäftigt er sich mit seiner Geschäftspartnerin Manuela Rehn, Beide sind als Unternehmensberater tätig, mit dem Thema Nachhaltigkeit und entwerfen für Kunden Konzepte gesellschaftlicher Verantwortung.
Sehr schnell war klar, dass gerade die älteren Menschen, diejenigen sind, die genau diese Werte gelebt haben. Es sind Frauen, die gern und mit einfachen Zutaten gekocht haben. So entstand die Idee, eine Tour durch Seniorenheime zu machen, um die emotionalen Genüsse aufzuspüren. Zwei Tage hat das Team in jedem Seniorenheim verbracht. Jörg Reuter erzählt, dass die Damen im Alter von 83- 103 Jahren sich extra sehr schick gemacht haben, beim Friseur waren, ihren guten Schmuck angelegt haben. Am Anfang waren sie noch schüchtern, doch es musste nur kurz anmoderiert werden, dann so meint Jörg Reuter weiter, war es, als ob sich eine Schleuse geöffnet hätte. Es wurden Themen angestoßen, über das die Heimbewohner sonst nie redeten. Beim gemeinsamen Kartoffelschälen kamen gemeinsame Erinnerungen hoch. Es wurde zusammen gelacht und geweint, über die Liebe und den Krieg gesprochen. Rezepte aus der eigenen Kindheit wurden erzählt, gefragt: „Wie machst du eigentlich deine Rouladen?“.
Es kamen so viele Rezepte zutage, dass man in jedem Heim ein eigenes Kochbuch hätte herausbringen können. Bei der Auswahl von den Rezepten hat man sich dann von den regionalen Merkmalen leiten lassen. Am zweiten Tag wurde gemeinsam mit den Senioren eine Menüfolge gekocht. Eine Gemeinsamkeit in allen Regionen hat auch Jörg Reuter überrascht, überall wusste man genau, wie man geschickt Reste, wie zum Beispiel das Brot vom Vortag, verwertet und tolle neue Gerichte daraus macht. Eine aus der damaligen Nachkriegsnot erwachsene Tugend.
Das Kochbuch „Wir haben einfach gekocht.“ hat bewirkt, das Seminare für Küchenleiter von Seniorenheimen angeboten werden, um die älteren Menschen ins Kochen miteinzubeziehen, ihnen das Gefühl zu geben, eine sinnvolle Beschäftigung zu machen, ein Gefühl von Wert weiterzugeben. Noch heute bekommt Jörg Reuter Rückmeldungen des Dankes von den Angehörigen, die davon erzählen, wie sehr die alten Damen nach der gemeinsamen Kocherfahrung wieder aufgeblüht waren. Ein Satz ist Jörg Reuter stark in Erinnerung geblieben. Eine alte Dame sagte nach dem gemeinsamen Kochen zu Jörg Reuter: „Das war der schönste Tag in meinem Leben.“
100 Erinnerungen an Lieblingsrezepte
vom Jörg Reuter, Manuela Rehn, Cathrin Brandes, Caro Hoene
erschienen im Umschau Verlag
UVP 29,95€