Musiker Geraint John Jones: Eklektizismus mit Street Credibility

Musiker Geraint John Jones: Eklektizismus mit Street Credibility

Wer schon immer einmal wissen wollte, wie ein Mix aus Paolo Nutini, Nick Cave und Jacques Brel klingt, sollte sich den walisischen Singer/Songwriter Geraint John Jones anhören. Mit selbst geschriebenen Lyrics und tiefgründigen Songs malt der Musiker aus Wales eine Collage aus British Folk, französischen Chansons, Pop und Alternative Rock. Live zu sehen ist der Sänger am 5. Dezember in der Bar Bobu in Friedrichshain. Wir sprachen mit ihm über sein neues Album „To Grab a Liar“, seine Leidenschaft für Musik und seine Lieblingsorte in Berlin.

Wann hast du dein Talent und deine Leidenschaft für Musik entdeckt?

Meine Leidenschaft für Musik habe ich eigentlich schon ziemlich früh entdeckt. Mit acht oder neun Jahren habe ich schon begonnen zu singen. Meine Mutter ist Opernsängerin und bei uns Zuhause stand immer ein Piano. Als ich 13 war, habe ich zum ersten Mal öffentlich bei einer Schulaufführung gesungen, ich hatte den Part von Danny Zuko in Grease. Was das Talent angeht, das müssen andere entscheiden (lacht).

War dir schon immer klar, dass du Musiker werden willst?

Ich spürte schon immer, dass ich Musiker werden möchte, aber so richtig wusste ich es erst später. Denn eigentlich hatte ich erst einen anderen Weg eingeschlagen. Ich habe fünf Jahre lang die Filmhochschule besucht und dann damit begonnen am Wochenende auf der Straße zu spielen. Als ich meinen Abschluss in der Tasche hatte, spielte ich dann jeden Tag draußen. Und dann hab ich einfach immer weitergemacht. Ich mag den Kontakt mit Menschen, das Herumreisen. Dabei sind auch viele Freundschaften entstanden.

Wie haben eigentlich deine Eltern und Freunde auf die Idee reagiert, auf der Straße zu singen?

Die meisten meiner Freunde, mit denen ich aufgewachsen bin, sind auch Künstler. Meine Mutter war begeistert, sie findet es toll, was ich mache. Sie ist auch Musikerin, deshalb versteht sie das. Meine Schwestern machen sich manchmal etwas Sorgen, aber bisher ist ja alles gut gegangen.

Du warst lange Straßenmusiker in Paris. Wie hat dich diese Zeit geprägt?

Die romantische Idee davon als Straßenmusiker in Paris zu leben, hat mich schon immer fasziniert. Ich war Anfang zwanzig und lebte das Klischee des Künstlers in Paris, es war eine aufregende Zeit. Ich habe eine andere Sprache gesprochen und viel gelernt. Es hat mich schon verändert, ich bin auf jeden Fall daran gewachsen.

Wodurch unterscheidet sich das Publikum in Deutschland und Frankreich?

Ich mag das deutsche Publikum, die Menschen hier sind wirklich neugierig, interessiert und offen. Ich mag das französische Publikum auch, aber es ist anders. Die Franzosen wissen immer ganz genau, was ihnen gefällt, alles andere ist ihnen egal.

Was war das Schönste, das dir beim Spielen auf der Straße passiert ist?

Vieles eigentlich. Als ich diesen Sommer in Belfast gespielt habe zum Beispiel, kamen so viele Leute wie sonst nirgends auf der Welt und haben mich angefeuert. Das hat mich schon sehr berührt. Das Beste daran ist aber eigentlich, dass ich dadurch die Möglichkeit habe in zwei westeuropäischen Metropolen zu leben. Das weiß ich schon sehr zu schätzen.

Kannst du von deiner Musik leben?

Seit vier Jahren kann ich gut von meiner Musik leben. In Paris ging es nur mit einem Job in einem Café, in dem ich nebenher gekellnert habe.

Von welchen Musikern lässt du dich inspirieren?

Ich höre verschiedene Stilrichtungen. Vor allem inspirieren mich aber französische Chansons, etwa von Gainsbourg oder Jacques Brel. Ich mag aber auch Tom Waits, Nick Cave, The National, Ryan Adams oder Bob Dylan. Am meisten kann ich mich mit Paolo Nutini identifizieren, er ist nicht kommerziell, aber auch nicht alternativ. Mein größtes Idol ist aber nach wie vor noch Elvis Presley.

Was erwartet uns bei deinem nächsten Album?

Es wird ziemlich eklektisch, so viel kann ich verraten.

Am 17. November 2017 erscheint „Master of Dress Up“, die erste Single deines zweiten Albums „To Grab a Liar“. Was hat dich zu dem Song inspiriert?

In dem Song geht es um ein Mädchen, das in jeder Situation ein anderes Outfit trägt. Der Song ist auf metaphorischer Ebene ziemlich ironisch und auch ein bisschen gehässig.

Wie würdest du deine aktuellen Songs beschreiben?

Meine aktuellen Songs sind sehr sehr anders, etwas dunkler als die davor. Auf meinem neuen Album werde ich jetzt auch von einer ganzen Band mit Schlagzeug, Orgel, Geigen und Elektrogitarre begleitet.

Du bist in Wales geboren, du hast lange in England und Paris gelebt, in Berlin hast du vor dreieinhalb Jahren dein künstlerisches Zuhause gefunden – was fasziniert dich so an dieser Stadt?

Ich habe das Gefühl, dass Berlin heute ähnlich ist wie London in den Sechzigerjahren. Es gibt viele Künstler hier, vor allem in Neukölln oder Kreuzberg. Ich glaube, die Konzentration an hochqualitativer Musik, die es hier gibt, findet man nirgendwo sonst in Europa. Manchmal habe ich aber auch so meine Probleme mit Berlin. Es ist eine Hassliebe.

Was sind deine persönlichen Hotspots in Berlin?

Ich mag die Speiches Rock & Blueskneipe in Prenzlauer Berg. Es ist ziemlich verraucht dort, vorne spielt eine Liveband und im Hinterzimmer gibt es einen Billiardtisch. Man fühlt sich ein wenig wie in einem Saloon, einem ostdeutschen Saloon (lacht). Oft bin ich in Neukölln, in Jazz-Bars, Tee- oder Kaffeehäusern oder im Park – am liebsten im Körnerpark. Meistens spiele ich aber an den Wochenenden am Hackeschen Markt oder auf der Museumsinsel.

Hast du eine Tour geplant für 2018?

Ich werde nächstes Jahr auf jeden Fall auf Tour gehen, wahrscheinlich ab Mai. Im Januar werde ich wahrscheinlich in Südafrika spielen.

Vielen Dank für das Interview, Geraint.

 

Was: Folk Night feat. Geraint John Jones

Wann: 5. Dezember 2017

Wo: Bar Bobu, Müggelstraße 9, 10247 Berlin

Eintritt: frei

Foto: © Nic Kane

Leave a reply

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert