Hallux Valgus: Hilfe für den schiefen Zeh

Hallux Valgus: Hilfe für den schiefen Zeh
Menschen mit dem Hallux valgus leiden durch die Fehlstellung oft jahrelang unter Schmerzen. Doch sie können diese lästige Fehlstellung loswerden – und vorbeugen.

Für ein kleines Vergnügen müssen manche Frauen einen hohen Preis zahlen. Steil, eng und spitz – wer gerne einen sexy Stöckelschuh zum Kleid trägt, spürt natürlich, dass diese Schuhe alles andere als bequem sind und den Füßen bestimmt nicht guttun. Doch leider ist das nicht alles – denn High Heels können den Füßen richtig schaden.  Durch die regelmäßige Hochstellung der Ferse wird der gesamte Fuß unnatürlich gelagert und der Vorderfuß, vor allem beim geschlossenen Schuhmodell, wird zusätzlich stark eingequetscht. Die Folge: Durch eine solche Fehlstellung gerät der große Zeh, der Hallux, in eine dauerhafte Schieflage. Und dann ist es passiert, dann hat man sich den berüchtigten Ballenzeh, in der Medizinerfachsprache Hallux valgus genannt, eingehandelt.

Ursachen für einen Hallux valugs

Natürlich sind nicht immer die Schuhe schuld. In manchen Fällen ist die Fehlstellung auch angeboren oder entsteht als Folge einer rheumatischen Erkrankung. Auch ein schlecht verheilter Knochenbruch des Zehs könnte eine mögliche Ursache sein. Doch der Hallux valgus, der durch das Tragen von Stilettos entsteht, ist die einzige Variante, die vermeidbar wäre.

Behandlungsformen

Wenn es erst so weit gekommen ist, und sich sowohl das Knochengewebe, als auch die Weichteile wie Sehnen und Muskeln am Mittelfuß verformt und dadurch das Großzehengrundgelenk verschoben haben, muss die knöcherne Wölbung am großen Zeh zügig behandelt werden.

Dr. Karsten Dreinhöfer
Dr. Karsten Dreinhöfer ©Medical Park Humboldtmühle

Diese Verformung sieht nicht nur unschön aus, sie schmerzt auch häufig und drückt unangenehm gegen den Schuh. Aber muss der Fuß deswegen sofort operiert werden? Das richte sich nach der Ausprägung der Fehlstellung, erklärt Dr. Karsten Dreinhöfer, Ärztlicher Direktor und Chefarzt Orthopädie der Medical Park Humboldtmühle in Berlin: „In einer frühen Phase können auch Barfußlaufen und Physiotherapie noch helfen“, erklärt der Spezialist, „beides trainiert die Fußmuskeln, strafft das Bindegewebe und kann einer beginnenden Fehlstellung entgegenwirken. Später können individuell angefertigte orthopädische Einlagen eingesetzt werden, die den Vorderfuß entlasten und den Druck vermindern.“

In gut verlaufenden Fällen können ein verordnetes Fußmuskeltraining in Kombination mit sogenannten Zehenspreizern, Gel- oder Silikonpolstern, die zwischen den großen Zeh und die benachbarten Zehen gesteckt werden und so den Zeh aus der Valgus- wieder in die Normalposition bringen, die Beschwerden schon gut lindern. Wichtig sei, so Dreinhöfer, dass auch in diesem Stadium die hohen Schuhe im Schrank bleiben und stattdessen ausschließlich bequeme und genügend breite Schuhe getragen werden.

Operation

Wer allerdings nicht zum Arzt geht, um den verformten Zeh fachmännisch behandeln zu lassen, riskiert durch die andauernde Fehlstellung und den daraus veränderten Gang dauerhafte Schmerzen im Knie- und Rückenbereich. Und nicht nur das. Im Spätstadium des Hallux valgus, wenn es in der Medizinerfachsprache schon zur „fixierten Deformität“ gekommen ist, kann in vielen Fällen wirklich nur noch eine Operation helfen. „Man entschließt sich zu einer OP, wenn durch die konservativen Maßnahmen die Beschwerden nicht verbessert werden konnten, eine spürbare Funktionseinschränkung des Fußes eingetreten ist oder der Patient starke Schmerzen und eine bereits aufgetretene Arthrose hat“, bestätigt Dr. Dreinhöfer.

Die Art der Operation hänge dann vom Schweregrad der Fehlstellung und den begleitenden Problemen ab: Bei leichten bis mittelschweren Formen erfolgt eine Durchtrennung des ersten Mitterlfußknochens auf der Höhe des Köpfchens, um die Knochenachse zu korrigieren. Bei schweren Formen des Hallux valgus muss an der Basis des Mittelfußes angesetzt und danach die neue Stellung auch durch eine Schraube fixiert werden. Je nach Schweregrad der Verformung werden die Eingriffe ambulant, kurzstationär oder über mehrere Tage ausgeführt.

Heilungsprozess

Und auch nach der Operation, deren Höhe sich nach dem Krankheitsgrad richtet und die in der Regel die Krankenkasse übernimmt, ist Ruhe angeraten. Der Fuß schwillt meistens stark an und muss, insbesondere in den ersten zwei Wochen, hochgelagert werden. Und bis sich eine Patientin wieder auf modische Schuhe freuen kann, dauert es auch noch eine ganze Weile. Zwischen acht und zwölf Wochen muss ein sogenannter Vorfußentlastungsschuh getragen werden, erst danach ist der Fuß wieder uneingeschränkt bewegungsfähig.

Risiken

Wer sich zu einer Operation entschlossen hat, muss sich klarmachen, dass es auch hier, wie bei allen Operationen, Risiken gibt. Ein Blick in die Statistik zeigt, dass es bei zwei Prozent der Betroffenen zu Wundheilungsstörungen kommt, ein Prozent der Patienten kann ein Absterben des Knochenköpfchens oder gar ein Fortbestehen der Beschwerden erleiden. Dennoch scheint sich ein Eingriff zu lohnen –  Studien berichten von 85 Prozent zufriedener Patienten. Doch Karsten Dreinhöfer mahnt trotzdem zur Vorsicht: „So eine Operation sollte dennoch nicht allein aus kosmetischen Gründen durchgeführt werden. Ein zuvor schmerzfreier Patient kann unter Umständen nach der Operation Schmerzen für Wochen oder Monate haben.

©Ineta Alvarado, 123rf.com
Vorbeugende Maßnahmen

Am besten ist es daher, wenn es gar nicht erst zur Entstehung des Ballenzehs kommt. Wer vorbeugend etwas gegen Hallux valgus tun möchte, sollte möglichst viel barfuß laufen, am besten auf Wiese, Waldboden oder durch Sand. Auch regelmäßige Fußgymnastik hilft, die Füße fit zu halten. So werden zum Beispiel viele Übungen im klassischen Yoga mit gespreizten Zehen durchgeführt.

Ballenzeh
Wavebreak Media Ltd, ©123rf

Und wer im Alltag meistens flache Schuhe oder Sneakers wählt, dürfte auch keine Probleme bekommen, wenn es kurzfristig – etwa zu feierlichen Anlässen oder Partys – auch mal wieder die Stöckelschuhe sein müssen.

Text: Julia Siepmann

Fotocredits Beitragsbild: ©Ineta Alvarado, 123rf.com

 

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