Claudia Skoda: Sie kam und blieb

Claudia Skoda: Sie kam und blieb
Zu ihren Freunden zählten Salome, Iggy Pop und David Bowie. Mit ihren avantgardistischen Strick-Kreationen kleidet Claudia Skoda auch heute noch, nach 50 Jahren, Künstler und Lebenskünstler ein.

Wer Claudia Skoda und ihre Mode besuchen will, muss vorher bei ihr anrufen. Er bekommt dann eine Adresse in Mitte und den besonderen Namen auf ihrem Klingelschild mitgeteilt und kann sich zur verabredeten Zeit auf den Weg machen. Ist man dann die paar Stockwerke zu ihr hinaufgestiegen, betritt man ihr neuestes Studio, das Atelier, Showroom und Shop zugleich ist: eine wunderschöne Altbauwohnung mit Stuckdecken, knarzendem Holzparkett und unverputzten Wänden.

Claudia Skoda
Mode seit 1971

Erst New York, dann der Kurfürstendamm, zwei Geschäfte in der Linienstraße, danach ein Laden in der Alten Schönhauser Straße und noch weitere in Mitte – die Liste ihrer früheren Standorte ist lang. Kein Wunder, denn seit fast fünf Jahrzehnten kleidet die gebürtige Berlinerin ihre internationale Kundschaft in hauchdünne Garne, kuscheliges Mohair oder coolen High-Tech-Strick -selbst Cate Blanchet trug schon eines ihrer Kleider auf dem Roten Teppich. Auf ihren Kleiderpuppen hat sie Stücke ihrer Kollektion „Achat“ drapiert. Die übergroßen Pullover, schmalen Röcke und lässigen Strickmäntel hat sie aus feinstem Kid Mohair in leuchtenden Farben entworfen.  Und tatsächlich erinnert der Farbverlauf in Pink, Blau, Orange und Grün der hauchzarten Baby-Angora-Strickteile an die fein gebänderten Achatsteine. Einige Kleidungsstücke hat Skoda auch direkt mithilfe einer übergroßen Sicherheitsnadel mit einem der ovalen Mineralquarze dekoriert.

Claudia Skoda
Handmade in Berlin

„Zwischen den neuen Sachen hängen auch viele meiner Klassiker“, erklärt Claudia Skoda, die an diesem Vormittag zu schwarzer Bleistifthose und Sneakers obenrum selbstverständlich ihr Selbstgestricktes trägt. Ihre hautengen Acetat-Kleider haben seit 15 Jahren eine feste Fangemeinde. „Anders als bei den großen Modelabels gibt es bei mir keine abgeschlossenen Kollektionen, sondern ich verfolge einen freien Rhythmus“, sagt die Designerin. Eine Individualistin, die auf die herkömmlichen Regeln des Fashion-Business pfeift, war die Skoda schon immer. „Ich war eigentlich immer meiner Zeit voraus“, sagt sie und lacht. Zur Mode kam die gelernte Lektorin Ende der sechziger Jahre, als es in Berlin für junge Leute noch üblich war, individuelle Kleidungsstücke in erster Linie durch Wühlen in Second-Hand-Läden oder auf Flohmärkten zu finden. Und weil sie selbst besonders schöne Wollsachen vermisste, griff Claudia Skoda irgendwann selbst zu den Stricknadeln.

Ihre handgemachten Kleider und Pullover kamen in Freundes- und Künstlerkreisen so gut an, dass sie Anfang der Siebziger Jahre ihre eigene Firma gründete. Von da an wurde Claudia Skoda Teil dessen, was man in der Berliner Szene zur „Avantgarde“ zählte. Sie inszenierte spektakuläre Modenschauen mit den „Jungen Wilden“  Salomé und Castelli, strickte transparente Pullover für David Bowie und Iggy Pop, die damals noch gemeinsam in einer WG in Schöneberg lebten. „Eine wilde Zeit war das“, sagt sie und zieht an ihrer Zigarette.

Claudia Skoda
Zahlreiche Künstler gehören zu ihrem Kundenkreis

Heute kostet ein handgestrickter Herren- oder Damenpullover um die 600 Euro und es sind immer noch die Künstler, Autoren und Galeristen, die ihre Mode kaufen – und für die sie sie auch entwirft. Wie die Kabarettistin Lisa Eckhart, „die hat so einen schwarzen Humor, der meinem nicht unähnlich ist.“ Oder die rebellische Bestsellerautorin Charlotte Roche mit ihrer unverblümten Sprache. Oder der Künstler Miron Schmückle mit seinen großen Schwarz-Weiß-Lithographien. „Das sind auch gleichzeitig Menschen, die mich inspirieren. Das ist also ein wechselseitiger Prozess“, erklärt die Designerin.

Claudia Skoda
Lieblingsorte in Berlin

Auch die Spaziergänge im Berliner Umland mit ihrem Hund, einem Airdale Terrier, helfen ihr beim Nachdenken. Zum Entspannen schaut sie abends am liebsten eine ihrer Netflix-Serien, während sie schon wieder an einem neuen Prototypen für einen Pulli bastelt. Natürlich kann sie heute nicht mehr alles selbst herstellen. Ihre Modelle gibt sie später in die Hände einer Berliner Subunternehmerin, die sie dann teilweise ebenfalls von Hand nachstrickt. In ihr Studio in Mitte kommt Claudia Skoda trotzdem täglich. Dort experimentiert sie, sitzt an Strickmaschine und Computer  und  geht mit Kunden oder Freunden zum Mittagessen um die Ecke, gerne ins L’Ami Fritz in der Max-Beer-Straße. Abends liebt sie das PeterPaul, ein gemütliches Restaurant auf der Torstraße, in dem deutsche Tapas – kleine Portionen von Kohlroulade, Sauerbraten und Königsberger Klöpsen – serviert werden. Und nach dem Essen kann es sein, dass sie auch noch ein Konzert oder den legendären Techno-Club Berghain besucht. Rebellisch ist sie nämlich immer noch.

www.claudiaskoda.com

Tel: 0176 4344 2566

Beitragsbild: Claudia Skoda

Text: Elisa Enders + Julia Siepmann

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