RON MILLER: Von Geishas, Superhelden, Heimat und Freundschaft

RON MILLER: Von Geishas, Superhelden, Heimat und Freundschaft
RON MILLER – das ist leidenschaftliche Urban Konzeptkunst aus Berlin. Hinter dem neutralen Namen, der symbolisch für eine Einheit steht und nicht zu viel preisgibt oder vorwegnimmt, stehen Marcus Klüh und Ronny Kindt.
Das Street-Art Künstlerduo

Die multidisziplinär arbeitenden Künstler folgen ihrer ganz eigenen Ästhetik, die sie in einem Stil aus Paste-Ups, Collagen, Tags sowie einer speziellen Lack- und Pinseltechnik auf Leinwände, Gegenstände oder auch ganze Räume, Stadtflächen, Häuserwände und Straßen bringen. ,,Was wir sehen, laden wir mit unseren Botschaften auf. Mit Herz und Gefühl zeigen wir unsere Version vom Alltag. Ob wir damit die Welt verbessern? Wir machen sie auf jeden Fall ein Stück ästhetischer.“

©Ron Miller
Ron Miller
©Ron Miller

Von der Frankfurter Pop-Up-Galerie, die sie Ende 2018 eröffneten, über die Mailänder Design Week bis zum Berliner Elektroclub – Klüh und Kindt machen das, worauf sie Lust haben. Ihre Projekte sind meist Auftragsarbeiten, wodurch sich die beiden in ihrer Kreativität jedoch keineswegs eingeschränkt fühlen.

Ron Miller
©Ron Miller
Heimat & Freundschaft

Begonnen hatte alles vor rund drei Jahren mit einem lucky moment, wie Ronny Kindt den Auftrag für die Wandelism 2018 in Berlin nennt, als sie den einzig frei verbliebenen Raum – die Toilette – gestalteten und damit für Furore in der Kunstwelt sorgten. Nein, nochmal zurück. Denn eigentlich hatte alles schon viel früher begonnen, nämlich in der ländlichen Uckermark, als die beiden sich im Kindesalter in ihrer Heimat, einem 3.000-Seelen-Dorf, kennenlernten. Die Herkunft und die Freundschaft, der gleiche Drang nach Freiheit und Abenteuer, vereint die beiden über viele Jahre.

„Wir sind immer in Harmonie.“ Der Weg zur Kunst ist ein autodidaktischer und begann im Umgestalten von Motorrädern. Eine knallige Farbigkeit, das Erlernen von handwerklichen Fähigkeiten und das Optimieren von Originalen, standen dabei im Vordergrund. Die Kunst, wie die beiden sie heute in ihrem Atelier in Berlin Pankow herstellen, ist durch den Willen motiviert, eine Welt von Kunstwerken zu erschaffen, die Bestand hat und die spielerisch wie auch seriös zugleich ist.

Ron Miller
©Ron Miller

Ein immer wiederkehrendes Thema ist die Heimat, dass die Künstler nach ihren eigenen Regeln interpretieren. Heimat – das ist Berlin, das ist aber auch das Landleben der Uckermark, das ist das Berliner The Grand und das ist eben auch ihre Freundschaft.

Zwei kreative Köpfe an einem Werk

Für die Heimatserie verwendeten sie kitschige Landschaftsbilder aus der Mitte des 20. Jahrhunderts. In einer Art perfektionistischem Chaos bearbeitet Marcus den Hintergrund der Werke, während Ronny die feinteiligen Zeichnungen im Vordergrund aufträgt. Die Motive werden digital gezeichnet und mit einer Paste auf die Leinwand gebracht.

Beide sehen unterschiedliche Interpretationen und Entstehungsgeschichten in ihren Werken, arbeiten dennoch zugleich und gleichzeitig an einem Bild. Jedes Werk wird in einem letzten handwerklichen Arbeitsschritt mit einem Speziallack übergossen, der den Abschluss eines Kunstwerkes besiegelt. Als Einstieg zum Kunstsammeln kann man die kleineren Leinwände von RON MILLER ab 1.000 Euro erstehen. “Es sind überwiegend Frauen, die unsere Werke kaufen, obwohl wir auf jedem Werk die Geisha verwenden.“ so Ronny Kindt.

Ron Miller
©Ron Miller
Der Geisha-Style

Das Motiv der Geisha und das Motto FUCK FAME, das als Schriftzug über Skulpturen und Leinwände getaggt wird, stehen im Zentrum ihrer Arbeiten. Die japanische Unterhaltungskünstlerin als Motiv zu verwenden, basiert auf einer Fülle von Lebensgeschichten und Schicksalen – gefährliche, lustige und auch traurige Geschichten. Die Erkenntnis, dass jeder Mensch Sehnsüchte oder Gefühle hat, die er nicht preisgibt oder denen er nicht nachgibt, dass jeder Mensch irgendwann eine Maske trägt, wird versinnbildlicht in der RON MILLER`schen Geisha. Sie steht für das Verbergen, das starre, versteckte Ich. Sie trägt in über Hunderten von Kunstwerken den immer gleichen Gesichtsausdruck. Oftmals wird die Anonymität, die damit einhergeht, durch Balken über den Augen oder eine zusätzliche Maske über der Mundpartie überhöht, teils in Kupfer, teils in Farbe.

Ron Miller
©Ron Miller

Das Bild eben dieser Geisha stammt aus einem Fotoalbum einer japanischen Familie, das die beiden auf einem Berliner Trödelmarkt gefunden haben. Übersteigert wird die starre Mimik der Geisha in ein Netz von Bondage-Seilen eingebunden, in ihnen gefangen gehalten. Der Bildhintergrund rahmt die Geschichte, ordnet sie in den zeitlichen und inhaltlichen Kontext ein.

„Es geht um Masken. Alle großen Helden der modernen Erzählungen und Comics tragen Kostüme oder Masken, um ihre irdische, sterbliche Identität nicht preisgeben zu müssen. Superman, Spiderman und Batman”, so Marcus Klüh. Der Superheld von RON MILLER ist weiblich. Vielleicht nicht zuletzt, weil beide kleine Töchter haben, welche die Herzen der Superhelden-Künstler schmelzen lassen, und für die sie im Kletterpark auch mal ihre Höhenangst überwinden.

RON MILLER soll Spaß machen, unterhalten, berühren, provozieren, schockieren – und für jeden ein ganz persönliches Erlebnis sein. ,,Dabei lassen wir den Liebhabern unserer Kunst die Interpretation frei, geben nichts vor.“ Nun sind wir von dem eingangs erwähnten lucky moment abgekommen. Das macht nichts. Für RON MILLER wird es sicher noch sehr viele glückliche Momente geben.

www.ronmiller.de 

Text: Maren Minow

Weitere Persönlichkeiten und Themen aus Berlin finden Sie hier