Sonderausstellung: STATUS MACHT BEWEGUNG

Sonderausstellung: STATUS MACHT BEWEGUNG
Was verbindet eine italienische Sänfte aus dem 18. Jahrhundert mit einem chinesischen Lotosschuh und Kunstwerken, die Szenen der Arbeit und Jagd, des Spiels und Sports darstellen? Sie alle erzählen von den Möglichkeiten und Zwängen, den eigenen Körper zu bewegen und zeugen vom Status der abgebildeten Personen. „STATUS MACHT BEWEGUNG“ beleuchtet das Potenzial der Bewegung als Mittel der Statusrepräsentation über zeitliche, geografische und kulturelle Räume hinweg.

Bewegung ist nicht einfach nur körperliche Aktivität. In der Art, wie sich Menschen bewegen, stellen sie für alle sichtbar ihren sozialen Status dar. Dabei ist der Ausdruck des gesellschaftlichen Rangs in der Bewegung auch immer den in der jeweiligen Zeit geltenden Gesellschaftsnormen unterworfen. Das Formenspektrum reicht hierbei von Freiheiten über Privilegien und Verbote; es schließt zeitweilige und dauerhafte Veränderungen des Körpers ebenso ein wie die feinen Unterschiede in der Bewegungspraxis.

Die Ausstellung

So war in Europa lange Zeit die Jagd ein Privileg des Adels, im alten Mesopotamien war die Löwenjagd das alleinige Vorrecht des Königs. Im antiken Griechenland herrschte die Vorstellung, dass schöne Menschen auch besonders gut und tüchtig waren. Dies machte den athletischen Körperbau – ein damaliges Schönheitsideal – zum Ausweis besonderer Fähigkeiten. Training bedeutet aber nicht automatisch eine Reduktion des Körperumfangs, wie sich an sportlichen Aktivitäten wie dem Ringen im Iran oder dem Sumosport in Japan zeigt. Es wird deutlich: Gesellschaftliche Vorstellungen drücken sich je nach Kontext in Bewegung und Körpern aus.

Bewegung

Wie vielfältig das Potenzial von Bewegung als Zeichen von Status ist, beleuchtet die Ausstellung anhand fünf ausgewählter Sektionen. Den Auftakt bildet das Kapitel Arbeit als Grundlage: Objekte und Bilder aus dem Arbeitsleben lassen Formen der Bewegungen im Fokus stehen, die der Existenzsicherung dienen. Bewegung im Kontext der Arbeit, wie gefährliche Fernreisen auf Handelswegen oder harte Arbeit im Bergbau, wurde und wird nicht als positive Demonstration von Status gesehen. Allerdings können ähnliche Bewegungs- und Körperformen in anderen Kontexten als erhebend und elitär angesehen werden. Gesellschaftliche Vorstellungen sind daher immer auch an die soziale Stellung der Personen gekoppelt, die sie ausführen. So reisen Karawanen seit Jahrtausenden über Kontinente, ohne das Prestige einer luxuriösen Fernreise zu haben, auch musste gejagt werden, um die eigene Existenz zu sichern.

Status macht Bewegung
Käthe Kollwitz, Die Pflüger, Deutschland, 1908, © Staatliche Museen zu Berlin,
Kupferstichkabinett / Dietmar Katz
Die Jagd

Diese Ambivalenz stellt das zweite Kapitel der Ausstellung Auf zur Jagd! in den Fokus: Die Jagd als Grundsicherung wird der Jagd als prestigeträchtige Tätigkeit gegenübergestellt. Ursprünglich ein wesentlicher Bestandteil der Lebensversorgung, entwickelte sie sich im Lauf der Jahrtausende zu einem Symbol von Status und Macht: Nach der Sesshaftwerdung der Menschen war die Jagd zwar nicht mehr zwingend notwendig, blieb aber weiterhin ein Bestandteil der Ernährung. Doch nicht nur das: Im Alten Ägypten dienten rituelle Jagdszenen wie die auf der Rückseite eines ausgestellten Skarabäus dazu, den Pharao in seiner Rolle als Beschützer zu präsentieren und somit als Herrscher zu legitimieren. Darüber hinaus wurde der Sieg über das erlegte Wildtier auch als Unheil abwehrendes Zeichen verstanden. Im europäischen Mittelalter wiederum wurden zahlreiche Gebiete mit einem Wildbann belegt: Hier war sodann nur noch dem Adel gestattet, zu jagen. Die Jagd entwickelte sich – noch mehr als etwa in Mesopotamien oder der griechisch-römischen Antike – zu einem Zeitvertreib der Oberschicht, die sich hier im direkten Wettkampf messen und so von anderen sozialen Schichten abheben konnte.

Status macht Bewegung
Fürst mit Jagdfalken, Indien, vor 1758, Miniaturmalerei aus einem Album, © Staatliche Museen
zu Berlin, Museum für Asiatische Kunst / Martin Franken
Das süße Nichtstun

Doch Status drückt sich nicht nur in elitären Aktivitäten oder einer besonderen Form von Fortbewegung aus. Auch im Kontrast zeigen sich Rang und Name, nämlich in der Möglichkeit zum süßen Nichtstun. Im Zuge der Industrialisierung im 19. Jahrhundert mussten große Teile der Bevölkerung von morgens bis abends in den neu entstandenen Fabriken arbeiten, freie Zeit blieb da kaum. In dieser Zeit entwickelte sich aber auch das Konzept von Freizeit als Gegenentwurf zur Arbeit. Die wohlhabende Bevölkerungsschicht ersann hierfür neue Formen des Zeitvertreibs: Urlaub in mondänen Seebädern und der ausschweifende Spaziergang in herausgeputzter Kleidung wurden en vogue. Die Spazierenden machten auf diesem Weg deutlich, dass sie es sich erlauben konnten, nicht arbeiten zu müssen. Aber auch Spiele zum Zeitvertreib genossen während dieser Epoche einen regelrechten Hype.

Status macht Bewegung
© Staatliche
Museen zu Berlin, Museum für Asiatische Kunst
Präsentation von Werken aus 14 Sammlungen

Die Staatlichen Museen zu Berlin präsentieren mit der Ausstellung nahezu ihr gesamtes Potenzial als Universalmuseum. Die Objekte und Werke stammen aus 14 Sammlungen – dem Ägyptischen Museum und Papyrussammlung, der Antikensammlung, dem Ethnologischen Museum, der Gemäldegalerie, der Kunstbibliothek, dem Kunstgewerbemuseum, dem Kupferstichkabinett, dem Museum für Asiatische Kunst, dem Museum Europäischer Kulturen, dem Museum für Islamische Kunst, dem Museum für Vor- und Frühgeschichte, der Skulpturensammlung und Museum für Byzantinische Kunst, und dem Vorderasiatischen Museum – sowie aus der Gipsformerei und dem Musikinstrumenten-Museum des Staatlichen Instituts für Musikforschung. Sie veranschaulichen, wie die vielseitigen Bestände neue Blickwinkel und Einblicke in virulente gesellschaftliche Diskurse gewähren.

Status macht Bewegung
Lotosschuh, China, 2. Hälfte 19. Jh., © Staatliche Museen zu Berlin, Ethnologisches Museum /
Martin Franken

Die Corona-Pandemie, die die Bewegungsfreiheit aller Menschen in den letzten Monaten stark eingeschränkt hat und weiter einschränkt, beeinflusste auch die Genese der Ausstellung. So erzählen die präsentierten Objekte nicht nur Geschichten aus der Vergangenheit und stellen Verbindungen zwischen verschiedenen Kulturen her, sie zwingen uns auch dazu, über unseren bisherigen, aktuellen und künftigen Begriff der Bewegung nachzudenken.

Bitte beachten Sie, dass es coronabedingt bis auf weiteres zu besonderen Einlass- und Hygieneregelungen in unseren Museen kommt. Der Besuch ist ausschließlich mit einem Zeitfensterticket möglich, das vorab online gebucht werden kann.

Adresse:

Kulturforum, Sonderausstellungshalle

Matthäikirchplatz 6, 10785 Berlin

Wann:

11. September 2020 – 10. Januar 2021

Tickets:

www.smb.museum/tickets

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